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Bericht 2. Kampftag: RV Thalheim – AC 1897 Werdau (16.09.23)

Oldie setzt den Höhepunkt

Mit einem 19:10-Punktsieg über Aufsteiger Werdau haben die Thalheimer Ringer den ersten Sieg in der noch jungen Regionalliga-Saison eingefahren. Zwei Ex-Gelenauer lieferten sich das packendste Duell des Abends. Im Vorkampf hatte bereits der RVT II gegen die zweite Garnitur des Westsachsen mit 18:7 gewonnen.


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von Jürgen Werner ("Freie Presse")

THALHEIM - Als die sechs Minuten vorbei waren, ließen die Protagonisten ihren Emotionen freien Lauf. Mit hängendem Kopf schlich James Schreiner von der Matte, flüchtete sich in die Obhut seines Trainers und lag dann fix und fertig und mit leerem Blick mit dem Rücken auf dem harten Hallenboden. Ein paar Meter weiter ballte Daniel Franke die Faust und stieß einen Jubelschrei aus. Das Ende eines denkwürdigen Duells, das der mit Abstand Älteste in den Reihen der Thalheimer Ringer im Laufe seiner langen Karriere in dieser Form auch noch nicht so oft erlebt haben dürfte.

Es sind genau diese Kämpfe, die die Fans elektrisieren. Im dritten Duell des Abends im Regionalliga-Vergleich zwischen dem RV Thalheim und Aufsteiger AC Werdau leistete sich Franke erst einen kleinen, jedoch folgenschweren Lapsus und musste in die Bodenlage. Schreiner, der im Sommer aus Gelenau nach Werdau wechselte, nutzte die Gunst der Situation und initiierte ein Rollenfestival. Gleich fünfmal drehte er der 44-Jährigen über die Matte. 10:0 – was sollte da eigentlich noch schiefgehen? Doch aufgeben: nicht mit Daniel Franke, der zwischendurch immer wieder Richtung Anzeigetafel lugte. „Ich hatte das Gefühl, dass er ein bisschen überdreht hat“, sagte er.

Und so wurden die Zuschauer im gut besuchten Sportlerheim im zweiten Durchgang Zeugen eines Dramas. Mit unbändiger Kraft wuchtete der Thalheimer seinen Rivalen zweimal mittels Ausheber auf die Matte. Doch die acht Zähler reichten noch nicht. Schreiner ging nun spürbar die Kraft aus, immer wieder nahm sich der gebürtige Berliner mit der Rastafrisur kurze Verschnaufpausen. Es nützte alles nichts: Franke, nun mit der zweiten Luft, schob ihn einfach noch ein paarmal über die Begrenzung – der Rest ging im Jubelsturm unter. Für den Thalheimer Oldie dürfte das Duell auch eine kleine Genugtuung gewesen sein. Denn vor zwei Jahren hatten ihm die Gelenauer Verantwortlichen ausgerechnet James Schreiner in seiner Gewichtsklasse vor die Nase gesetzt, sodass er nur noch in der Landesliga ringen sollte – und nach Thalheim wechselte.

Für die nach ihrem Auftaktsieg in Potsdam mit breiter Brust angereisten Werdauer endete nicht nur dieses Duell, sondern der gesamte Kampfabend mit einer kleinen Enttäuschung. Das Selbstvertrauen litt nach der 10:19-Niederlage allerdings nicht. „Mit diesen Neuzugängen ist ein Platz unter den ersten drei drin“, sagte Trainer Jürgen Klimke, der noch einen draufsetzte. „Ohne Ausfälle hätten wir vielleicht sogar gewonnen. Auf jeden Fall wäre es deutlich knapper geworden.“

In der Tat mussten die Gäste mit Marcell Budai-Kovacs, Michal Novak und Zalik Sulatanov auf mehrere Leistungsträger verzichten – alle drei hatten gegen Potsdam noch Siege eingefahren. Auch der Japaner Nao Osaka fehlte – er soll erst in der Rückrunde zum Einsatz kommen.

Doch auch so setzten die Werdauer immer wieder Nadelstiche. Allen voran Ilja Matuhin, der nur zweieinhalb Minuten benötigte, um sein Gegenüber Radek Dublinowski von der Matte zu rollen – was dem Thalheimer Haudegen sonst so gut wie nie passiert. Auch der bärenstarke Marcell Nagy ließ dem einer Woche zuvor noch sehr überzeugenden Dennis Aleksandryuk bei dessen erstem Heimauftritt für den RVT keine Chance. Tobias Knittel hielt sich ebenfalls schadlos und gewann sicher nach Punkten.

Auf der anderen Seite tat Fliegengewichtler Adam Bienkowski das, was er eigentlich immer tut – einen souveränen Sieg einfahren, diesmal sogar auf Schulter. Auch Dominik Jagusz und Neuzugang Maximilian Simon ließen nichts anbrennen, ebenso wenig wie Kapitän Tobias Löffler, dessen Abklemmer am Ende das Publikum von den Sitzen riss. Etwas mehr Mühe hatte Landestrainer Zsombor Gulyas mit dem zähen Jonas Kock. Im Duell der Superschwergewichtler hatten die Zuschauer einen Schreckmoment zu überstehen: Werdaus Aron Fauth wurde von Martin Hettler unglücklich am Kinn getroffen und war kurzzeitig bewusstlos. Nach minutenlanger Behandlungspause rang er weiter und hielt sich trotz seiner Punktniederlage beachtlich.

Einen kleinen Seitenhieb auf seinen Kollegen hatte RVT-Coach Steffen Richter am ende noch parat. „Es werden nur die gewertet, die auch antreten“, so der 56-Jährige. „Und da“, fuhr er fort, „hatten wir ein bisschen mehr in die Waagschale zu werfen.“

Jürgen Werner ("Freie Presse"), 17.09.2023. Fotos: Claudia Lohr-Werner.

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