Nachruf André Montag (02.10.24)
„Moni“ verliert seinen schwersten Kampf
Ringer André Montag ist tot. Der erfolgreiche Ringer aus Suhl, der noch 2019 bei der KG Südthüringen mit fast 50 auf der Matte aushalf, konnte den Kampf gegen einen Hirntumor nicht gewinnen. Sieben Jahre lang stand er in Diensten des RV Thalheim.
aus: Freies Wort – Unabhängige Thüringer Tageszeitung
„Er konnte sich schinden“, so viel stehe fest, sagt André Schedler über seinen Ringerkumpel André Montag. Nicht nur auf der Matte, sondern auch, als es um alles ging: um Leben und Tod. Doch den Kampf gegen einen doch wieder zurückgekommenen Hirntumor hat André Montag am vergangenen Freitag, 27. September, verloren. Der Ringer, Polizist und Vater dreier Kinder, der sein ganzes Leben als Sportler und Trainer in Thüringen und Sachsen aktiv war, starb im Alter von nur 50 Jahren.
Selbst mit Mitte 40 hat er die anderen, teils viel jüngeren Athleten auf der Matte noch mühelos in Schach gehalten. Damals 2019, als ihn die Kampfgemeinschaft (KG) Südthüringen aus Zella-Mehlis und Albrechts noch einmal ins Team holte, weil sie seine Erfahrung in der Bayernliga Nord sehr gut gebrauchen kann. Montag hatte da schon länger nicht mehr gerungen. Das Wasser reichen kann dem Klassiker in jener Saison, die für die KG auf Platz sechs endet, dennoch kein Kontrahent. „Moni“, wie ihn alle nennen, verliert keinen Kampf. Die jungen Mannschaftskameraden blicken mit Staunen auf den in die Jahre gekommenen, muskelbepackten Mann. „Sie haben ihn 2019 im fortgeschrittenen Alter gesehen, haben ihm zugehört und sich Dinge abgeguckt“, erinnert sich Andre Schedler. Er beschreibt Montags Stil als „clever und früher sehr kampfbetont“. „Er war einige Ticks besser als ich. Ich bin froh, dass ich nicht mit ihm ringen musste“, sagt Schedler und lacht.
Von Kindesbeinen an hat das Ringen einen festen Platz in André Montags Leben. Er wächst in Suhl auf, schnürt die Ringerschuhe für die BSG Feinmeß Suhl und den SC Motor Zella-Mehlis. Er besucht die Kinder- und Jugendsportschule in Zella-Mehlis. 25 Jahre ringt er im Ligabetrieb, zehn davon in der 1. Bundesliga, für Thalheim und Greiz. Beim RV Thalheim kämpft André Montag von 2004 bis 2010, absolviert 61 Kämpfe und gewinnt 38 davon. Zu den Titeln aus der Jugendzeit kommen zwei Bronzemedaillen bei Deutschen Meisterschaften hinzu.
Polizei-Ausbilder in Afghanistan Als Polizist arbeitet er als Personenschützer und für das Spezialeinsatzkommando SEK. Als Ausbilder gibt er sein Wissen bei Einsatztrainings an die Nachwuchspolizisten am Bildungszentrum der Thüringer Polizei in Meiningen weiter. Die Polizeiarbeit führt ihn bis nach Afghanistan. Dort bildet er die einheimischen Sicherheitskräfte mit aus. Und quasi nebenbei bringt ihm seine Arbeit als Polizist weiteres Ringer-Edelmetall. Bei den Polizei-Europameisterschaften fügt er seiner Sammlung eine Silbermedaille hinzu.
Das vielleicht wichtigste Kapitel schlägt er jedoch in Erfurt auf, wo André Montag seit einigen Jahren lebte. Seit Mitte der 1990er Jahre lag das Ringen in der Landeshauptstadt brach. Der örtliche Verein, der Ringer Sport Club (RSC) Erfurt, hatte seine Arbeit eingestellt.
2018 gründeten einige Enthusiasten den Club neu. Einer von ihnen ist André Montag. „Wir wollten das Ringen in Erfurt wieder populär machen. André war von Anfang an mit dabei. Mit André haben wir eine Trainingshalle gesucht und gefunden. Er hat auch die ersten Ringermatten mit organisiert. So konnten wir das Training aufnehmen, für Erwachsene und den Nachwuchs“, erzählt Robert Stelz-Poprawa.
Stelz-Poprawa ist heute Vorsitzender des Clubs. Er hat das Auf und Ab bei André Montags Gesundheit in den letzten Jahren hautnah miterlebt. Anfang der 2020er Jahre bekommt Montag die Diagnose Hirntumor. Es folgt eine erste Operation und eine Rückkehr ins Training. „Man konnte ihn nicht von der Matte runterkriegen. Das hat ihm auch gutgetan, hat ihm Kraft gegeben“, sagt Stelz-Poprawa. Er glaubt fest daran: Hätte das Schicksal für André Montag kein so frühes Ende vorgesehen, der Vollblut-Ringer würde auch mit Anfang 50 noch mit Erfurts Männermannschaft auf der Ringermatte stehen. Seit dieser Saison tritt sie in der neu ins Leben gerufenen Thüringenliga an. Das Team trägt auch Montags Handschrift. Ein Teil der Männer, die heute mit Apolda, Jena und Pößneck um Meisterschaftspunkte kämpfen, waren einst seine Schüler im Jugendtraining.
Erfinder der „Thüringer Mattenwölfe“ So lebe André Montag im Verein und der Verein mit ihm weiter. Der Kampfname des RSC Erfurt, „Thüringer Mattenwölfe“, geht auf den Suhler zurück. Im Erfurter Vereinshaus sollen Montags Schuhe und sein Ringertrikot nun einen gut sichtbaren Platz erhalten, sagt Vereinschef Robert Stelz-Poprawa. Beides habe Montag dem Club überlassen, als kaum noch Hoffnung auf Heilung bestand.
Stelz-Poprawa wird seinen treuen Freund vermissen. Nicht nur er, sondern auch seine Tochter Amelie. André Montag wollte die Zwölfjährige auf ihre ersten Deutschen Meisterschaften vorbereiten. Ab 13 Jahren darf man an den Titelkämpfen teilnehmen. Das müsse jetzt der Opa, Peter Poprawa, übernehmen, sagt Robert Stelz-Poprawa.
aus: Freies Wort – Unabhängige Thüringer Tageszeitung, 02.10.2024.