Europameisterschaften Kadett:innen in Samokov/BUL (17.06.21)
Cassidys großes Abenteuer in Bulgarien beginnt
Seit dem 14. Juni laufen die Kadetten-Europameisterschaften im Ringkampf im bulgarischen Samakov. Der Ort im Westen des Landes, etwa 50 Kilometer südöstlich der Hauptstadt Sofia gelegen, war schon des Öfteren Austragungsort derartiger Wettbewerbe. In Erinnerung kommt auch der größte Erfolg einer Thalheimerin in der jüngeren Vergangenheit.
von Michael Thriemer
Fünf Jahre ist es schon wieder her, dass die damals 16-jährige Emilie Haase in Stockholm Europameisterin der Kadettinnen wurde. Ob nun Cassidy Richter, die am morgigen Donnerstag ab mittags in die Wettbewerbe einsteigt, in diese Fußstapfen treten kann wird sich zeigen.
„Wir gehen nach einer durchwachsenen Vorbereitung optimistisch und ohne Druck an die Aufgabe heran, allein die Teilnahme stellt schon einen Erfolg dar“, verweist Heim-Trainer und Vater Steffen Richter auf die Schwierigkeiten im Vorfeld. Zum einen hat die amtierende Deutsche Meisterin des Jahres 2019 (2020 fanden coronabedingt keine Vergleiche auf Bundesebene statt) binnen zwei Jahren erheblich an Gewicht zugelegt. Statt damals 47 Kilogramm tritt sie inzwischen in der Gewichtsklasse bis 69 Kilogramm an.
Zum anderen waren im Vorfeld einige Klippen zu umschiffen – gelinde ausgedrückt lief es bescheiden. So fiel das im Vorfeld geplante Trainingslager in Frankfurt an der Oder aus, lediglich in Freiburg/Breisgau fand eine Zusammenkunft statt. Zudem entschied man sich, die letzte Phase zuhause im Zwönitztal und nicht wie angedacht in Leipzig zu absolvieren, um jegliche Ansteckungsgefahr mit dem Virus zu minimieren. „Da ging es dann schon mal abends bis 22 Uhr“, schildert Steffen Richter die Situation.
Er selbst kann zu seinem großen Ärgernis nicht mit vor Ort sein. Zwar hatte er Urlaub eingereicht und auch genehmigt bekommen, allerdings sind vor Ort – übrigens bei aktuell gerade einmal 15 Grad Lufttemperatur – keine Zuschauer erlaubt. Somit übernehmen Bundestrainer Christoph Ewald und Sachsens Freistiltrainer und ehemaliger Thalheimer Kämpfer Florian Rau die Regie.
Seine ehrgeizige Tochter konnte auch das harte Qualifikations-Prozedere im Vorfeld nicht aufhalten: Wegen der fehlenden Deutschen Meisterschaften wurde als Maßstab das Kaderturnier in Heidelberg Mitte Mai herangezogen. Trotz eines durchaus überraschenden Sieges musste die junge Thalheimerin gegen die zweitplatzierte aus dem nächsttieferen Limit bis 65 Kilogramm, Lilly Pfau vom RC Chemnitz, vier Duelle im sogenannten ausringen absolvieren – die sie allesamt ohne einen einzigen Wertungspunkt abzugeben für sich entschied. Die Vorteile lagen hier vor allem in der starken Technik und einer sehr guten Schnelligkeit.
Für den nun anstehenden Wettkampf, live zu verfolgen unter https://uww.org/event/european-championships-25?tab=results&weight-category=6666a009-cc47-11eb-803a-06b1e9be04dc, lief es im Vorfeld etwas besser, auch wenn auf diesem Niveau selbstredend kein leichtes Los zu erwarten ist. Bei 12 gemeldeten Teilnehmerinnen der Gewichtsklasse bis 69 Kilogramm blieb die Qualifikationsrunde erspart, so dass es bereits im Viertelfinale gegen die Polin Karolina Janina Jaworska losgeht. „Diese Athletin ist relativ unbekannt, hat in den bisherigen Wettkämpfen häufig eine Gewichtsklasse höher gerungen. Insgesamt haben die Polen einen Entwicklungsschritt gemacht, favorisiert sind jedoch die noch weiter im osteuropäischen Raum angesiedelten Athletinnen“, weiß Steffen Richter. Eine Prognose über den Verlauf sei daher sehr schwierig. Jedes Land schickt natürlich seine besten Sportlerinnen. Sollte es für Cassidy eine Runde weitergehen, würde im Halbfinale entweder die Ungarin Nagy oder die Griechin Barmpa warten.
„Letztlich soll sie die Teilnahme genießen und auf ihre Stärken setzen – wir sind aus der Ferne im Kontakt, ich sehe sie bei den Betreuern gut aufgehoben“, äußert sich Steffen Richter. Vielleicht kämpft Cassidy Richter auch ein Stück für ihre Vereinskameradin, die ebenfalls qualifizierte Naemi Leistner. Sie musste tragischerweise kurzfristig erkrankt passen – nichtsdestotrotz wird es aufgrund des Alters der beiden auch im kommenden Jahr noch einmal eine Chance bei den nächsten Kadetten-Europameisterschaften geben.
Michael Thriemer, 16.06.2021. Fotos: Anna Löffler.