Europameisterschaften U20 in Novi Sad (04.07.24)
Hammerlose in Serbien – Gegnerschaft ist zu stark
In den Kampf um die Medaillen hatten Naemi Leistner und Cassidy Richter in Novi Sad eingreifen wollen. Doch daraus wurde nichts - was auch mit großem Lospech zu tun hatte.
von Jürgen Werner („Freie Presse“)
NOV SAD – Das hatten sich Naemi Leistner und Cassidy Richter ganz anders vorgestellt. Im Vorfeld der U-20-Europameisterschaften hatten die beiden Ringerinnen des RV Thalheim durchaus mit einer Medaille geliebäugelt. Doch auf der Matte im serbischen Novi Sad lief nichts, aber auch gar nichts zusammen. Weder der einen noch der anderen gelang es, auch nur eine einzige Wertung für sich zu verbuchen.
„Wirklich ein ernüchterndes Ergebnis“, fasste Trainer Steffen Richter die Auftritte der beiden Erzgebirgerinnen zusammen – um gleich darauf auch einige Worte des Trosts zu finden. „Auf diesem Niveau kann das passieren.“ Naemi Leistner, die im Limit bis 62 Kilo startete, dräute das Unheil schon bei der Auslosung. Wie bei der U-23-EM vor einigen Wochen, die sie als Achte ebenfalls mit einer kleinen Enttäuschung beendete, bekam sie die Ukrainerin Iryna Bondar zugelost. Und diese wurde ihrer Rolle als absolute Topfavoritin vollauf gerecht, holte am Ende Gold mit blütenweißer Weste.
Ärgerlicher als die 0:10-Klatsche, die sich Naemi Leistner in diesem Duell einfing, war da schon die ebenso hohe Pleite in der Hoffnungsrunde gegen die Schwedin Karin Amelia Samuelsson. „Das hat mich schon überrascht, muss ich sagen“, konstatierte Steffen Richter. Viel zu sehr habe sich seine Sportlerin die Fassart der Skandinavierin aufzwingen lassen und sich auf diese nie einstellen können. „Aber auch das gehört zum Lernprozess. Wichtig ist, dass man seine Lehren daraus zieht“, so Richter.
Seine Tochter Cassidy hatte eine Gewichtsklasse weiter oben (65 kg) ebenfalls Lospech. Mit Margarita Salgarzarian erhielt auch sie eine Kontrahentin aus der - um es vorsichtig auszudrücken - gehobenen Kategorie. Entsprechend einseitig verlief das Duell, das die Thalheimerin glatt mit 0:11 verlor. Weil die Russin später aber im Halbfinale überraschend patzte, blieb Cassidy Richter sogar die Tür zur Hoffnungsrunde versperrt. „Die osteuropäischen Ringerinnen sind vom Ringerischen her nicht wirklich besser. Aber sie sind körperlich extrem stark“, sagte Steffen Richter.
Und nun? Theoretisch steht im Herbst noch die U-23-WM in Tirana im Kalender. Doch ob die beiden Erzgebirgerinnen dort mitmachen dürfen, ist nach den Ergebnissen von Novi Sad eher fraglich, auch wenn die Nominierungen noch ausstehen. Eine bessere Perspektive könnte sich da Vereinskollegin Lilly Schneider eröffnen, was die WM in den nichtolympischen Gewichtsklassen angeht, die direkt im Anschluss am selben Ort ausgetragen wird. „Durch ihren deutschen Meistertitel hat sie das Teilnahmekriterium dafür erfüllt“, so Richter.
Die Stimmen der Athletinnen:
Cassidy Richter: Ich habe mich schon fit und gut gefühlt, leider hat es am Ende noch nicht für die Russin gereicht. Aber die Fehler, die ich gemacht habe, werde ich bis zum nächsten Höhepunkt versuchen abzustellen und dann mit neuer Motivation starten.
Naemi Leistner: Die EM lief für mich leider nicht so, wie erhofft. Eine Medaille zu holen, war auf jeden Fall mein Ziel. Ich konnte meine Leistung auf der Matte leider nicht abrufen und bin sehr enttäuscht über das Ergebnis. Meine Gegnerin in der Hoffnungsrunde habe ich beim Turnier in Schweden noch besiegt. Ich weiß, dass mehr drin gewesen wäre, und das ist eben so enttäuschend.
Jürgen Werner („Freie Presse“), 08.07.2024.