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Vom Athletenclub zum Ringerverein

1903/04 bis 1933 - Gründerjahre und Arbeitersport
tl_files/rvt/images/geschichte/logo_js.pngWie in vielen Orten Deutschlands waren die Thalheimer Schwerathleten um die Jahrhundertwende aus der Turnerschaft hervorgegangen. So genannte Kunstkraftsportler, die sich beispielsweise im Bauen von riesigen menschlichen Pyramiden übten, bildeten schließlich am 18. Dezember 1903 im Thalheimer Lokal Selig (heute Geschäft "Erzgebirgsstube", Lindenstraße 1) den Athletenclub "Jung Siegfried", der sich fortan auch mit dem Ringen beschäftigte. Erster Vorsitzender des damals 22 Athleten zählenden Vereins war Otto Georgi. 
Mit der Kenntnisnahme der Königlichen Amtshauptmannschaft am 12. Februar 1904 wurden dann zum ersten Mal offiziell die Statuten von "Jung Siegfried" bestätigt, so dass mit diesem Zeitpunkt der Weg frei war für eine lange und wechselvolle Geschichte des Ringkampfs in der Drei-Tannen-Stadt.

Noch vor dem Ersten Weltkrieg trat man in Thalheim durch die "Zwei-Zentner-Riege" in Erscheinung, eine Gruppe vonFrüher wurde auch im Freien trainiert, wie hier bei Rothers Restaurant um 1925. Zu sehen sind Alfred Meiner, Walter Julius, Walter Reinhardt, Walter Sehm, Walter Rieß, den Vorführenden Georg Krauß und Max Franke, Rudolph Drechsel, Walter Krauß, Arno Weber und Max Krauß (von links). Letzterer hatte sich zum Zeitpunkt der Aufnahme gerade die Schulter ausgekugelt und konnte am Training nicht teilnehmen. acht Athleten, von denen jeder "zwei Zentner zur Hochstrecke bringen" konnte, wie es in zeitgenössischen Darstellungen heißt. Der eigentliche Aufschwung begann jedoch erst nach 1920 und dem Übertritt von "Jung Siegfried" zum Arbeitersportverein "Vorwärts" im Jahre 1922. Der Bezirksmeistertitel der Heber 1920, der Gaumeistertitel von Max Krauß 1921 und vor allem der 2. Platz von Georg Krauß bei der Arbeiterolympiade 1925 in Frankfurt am Main (jeweils im Ringen) zeugen von gewachsener sportlicher Qualität.


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Die Thalheimer Mannschaft 1912 mit Schiedsrichter Oskar Richter Ehrenurkunde für Max Krauß 1921 Der Vorstand von Jung Siegfried Thalheim mit Pokal für den Bezirksmeistertitel im Heben 1920
1932 bis 1945 - Die Zeit des Sportvereins "Olympia" Thalheim
Als Vorsitzender, Sportler und Trainer trat seit 1919 Rudolph Drechsel in Erscheinung, der das Ringen in Thalheim bis intl_files/rvt/images/geschichte/1933-Gaumeister.jpg die 50er Jahre begleiten sollte. Mit seiner Strumpfwirkerei von den Arbeitersportlern Ende der 20er Jahre als "Fabrikant" gebrandmarkt, gründete Drechsel 1932 einen neue Verein, den SV "Olympia" Thalheim, zu dem viele der Arbeitersportler überwechselten. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde der Arbeitersport 1933 dann in ganz Deutschland zwangsaufgelöst. Olympia Thalheim, das als "bürgerlicher" Verein bestehen blieb, errang in den 30er Jahren die bis dato größten Erfolge. So wurde Willy Lindner zweimal Dritter bei den Deutschen Meisterschaften und 1939 gar Vize-Meister. Zu Zeiten des Zweiten Weltkriegs, in dem viele Sportler von "Olympia" ihr Leben ließen, mussten sich die Aktivitäten auf den Nachwuchssport konzentrieren.
1945 bis 1953 - Die schwere Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg
Nach dem Zusammenbruch 1945, der Flüchtlingswelle und dem Verbot von Kampfsportarten bis 1948 kam das Ringen intl_files/rvt/images/geschichte/1955[ca]-Rosowski.jpg Thalheim nicht so recht wieder auf die Beine. Zwar gab es noch eine kleine Sektion Schwerathletik zwischen 1950 und 53 sowie eine Kampfgemeinschaft mit Gornsdorf in der Bezirksliga, doch am Ende fehlten die Ringer und Übungsleiter für einen kontinuierlichen Wiederaufbau. Dennoch ging mit Werner Rosowski aus dieser Zeit ein Athlet hervor, der in den 50er Jahren zu den besten deutschen Ringern seiner Gewichtsklasse zählte. Viermal wurde der Thalheimer, der ab 1953 für den Sportclub in Halle startete, DDR-Meister der Männer, zweimal davon im klassischen und zweimal im freien Stil.
1960 bis 1989 - Wiedergeburt und große Erfolge in der DDR-Zeit
Erst zwischen 1960 und 62 kam es zum richtigen Wiederaufbau durch den unvergessenen Wolfgang Bohne und dentl_files/rvt/images/geschichte/1977-Wolfgang_Bohne2.jpg Gornsdorfer Kurt Stöckel, der zuvor mit Herbert Wende die Ringersektion in Aue quasi aus dem Nichts gegründet hatte. Unglaublich schnell stellten sich hier Erfolge ein, wie beispielsweise der Sieg bei der Spartakiade in Berlin durch Wolfgang Hahn (1966) oder den DDR-Meistertitel in der Jugend durch Bernd Reuther (1967). Noch für Fortschritt Auerbach gewann der Thalheimer Gerd Rotkehl 1963 den DDR-Meistertitel. Für so manchen Nachwuchssportler war Wolfgang Bohne eine Art Vaterfigur und so kommt es nicht von Ungefähr, dass sich für den 1986 viel zu früh verstorbenen Trainer die Bezeichnung Papa Bohne einbürgerte.

tl_files/rvt/images/geschichte/1963-RotkehlDM-auto.jpg tl_files/rvt/images/geschichte/1963-Sportfest-Umzug-pp.jpg tl_files/rvt/images/geschichte/1968-Spartakiade_Berlin2.jpg
Gerd Rotkehl wird 1963 in Rostock Deutscher Meister der DDR Die erste Thalheimer Mannschaft zum Umzug 1963 (mit Wolfgang Bohne, Horst Wagner u. a.) Die Thalheimer Jugend um 1967 (mit Wolfgang und Peter Bohne, Wolfgang Hahn, Bernd Reuther u. a.)

Der erfolgreichste Thalheimer Ringer überhaupt ist Bernd Drechsel, ein Wolfgang-Bohne-Talent, das alle nur "Mops"tl_files/rvt/images/geschichte/1974[ca]-BDrechsel.jpg riefen. Für den SC Zella-Mehlis nahm er an den Olympischen Spielen 1972 in München teil, gewann Bronze zu den Europameisterschaften 1975 sowie den Großen Preis von Deutschland 1974 und 78.

tl_files/rvt/images/geschichte/1987-Aufstiegs-Team_zur_Oberliga2.jpgMitte der 70er Jahre erlebte die bis dahin in der Bezirksliga vertretene Mannschaft einen Aufschwung. 1976 stieg man - komplett mit eigenen Leuten - in die DDR-Liga auf. Zwischenzeitlich wieder abgestiegen kamen die Zwönitztaler 1983 wiederum in die DDR-Liga und 1987 gelang gar der Sprung ins Oberhaus der DDR-Ringer, der Oberliga. Die Einzelerfolge häuften sich zwischen 1977 und 1981 im Jugend- und Juniorenbereich, wobei viele Sportler für die Sportclubs, vor allem für Zella-Mehlis rangen. Klaus Röstel, Uwe Fritzsch, Uwe Lauenroth und Mike Wagner wurden DDR-Meister, Jürgen Arnas Spartakiadesieger.
1989 bis heute - Wendezeit und Bundesliga
tl_files/rvt/images/geschichte/1990-Verbandsliga_1te_Mannschaft_vor_Bus.jpgIn den Jahren vor der politischen Wende gingen viele Thalheimer in den Westen, was ein Loch in die Mannschaft riss. Dennoch schaffte man im Übergangsjahr 1990 Platz eins in der Verbandsliga und damit die direkte Qualifikation für die 2. Bundesliga. Nicht einfach war dieser Neuanfang, schließlich war ein Gewinnen von Sponsoren unumgänglich, um in dieser Klasse bestehen zu können. Mit viel Engagement blieb der Erfolg nicht aus. Den Verbleib in der 2. Bundesliga schafften die Thalheimer als einzige sächsische Mannschaft überhaupt von 1991 bis heute. 

Aus der BSG "Esda" Thalheim war am 12. Juni 1990 der neugegründete SV "Tanne" geworden, für den die Erzgebirger in der 90er Jahren mehrere Medaillen bei Deutschen Meisterschaften holten. Deutsche Jugendmeister wurden Dominic Förster (1994 und 96) und Sven Reichelt (1995). Die erste und bislang einzige Medaille bei den Männern erkämpfte sich Steffen Richter mit dem Vize-Rang im Jahre 1998.

Erste und zweite Thalheimer Mannschaft 1990. Ohne Neuzugänge und auch ohne ausländische Ringer hätten dietl_files/rvt/images/geschichte/1995-erste_und_zweite_Mannschaft.jpg Thalheimer nie in der 2. Bundesliga bestehen können. Wichtige Namen sind hier unter anderem Rüdiger Möhring, Tzenko Petkov, Daniel Franke, Karsten vom Scheidt, Vahap Hanli, Ludèk Burian und Petr Bielesz. Letztere drei haben sogar schon internationale Erfahrungen bei Europa- und Weltmeisterschaften gesammelt. Leiter der Abteilung war bis 1996 Rainer Schaarschmidt. Ihm folgte André Schmidt, der bis 2008 Vorsitzender der Ringer war.

2001 folgte der Austritt aus dem SV "Tanne" und die Gründung des jetzigen Ringervereins Thalheim, der mit Silber in der 2. Bundesliga 2002 und 2003 gleich sehr gute Resultate erzielte. Auch im Einzel- und Nachwuchsbereich kam es durch die Neugründung zu einem Aufschwung, der mit der Silbermedaille von Tobias Löffler (Jugend B) und dem dem dritten Platz von Thomas Berger (Männer) in diesem Jahr seinen zwischenzeitlichen Höhepunkt fand.

Noch weit ausführlicher und mit vielen Anekdoten gespickt kann man die Geschichte des Ringkampfs in der Drei-Tannen-Stadt bis 2004 im Buch "Vom Athletenclub zum Ringerverein Thalheim" nachlesen. Es ist bei der Geschenkboutique Schaaf (Untere Bahnhofstraße 21a), beim Getränkemarkt Schneider (Schulstraße) sowie im Gasthof "Paradies" (Brünlos/Dorfchemnitz) erhältlich.

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Der Ringerverein Thalheim im Jubiläumsjahr 2004

Seit dem Jubiläum ging es mit dem RVT weiter aufwärts. Der Weg nach oben setzte mit dem Aufstieg in die 1. Bundesliga 2006 an. Bereits 2008 nahmen die Zwönitztaler an den Play-off-Kämpfen um die Deutsche Mannschaftsmeisterschaft. Der absolute Höhepunkt in puncto Mannschaftskämpfen folgte im Dezember 2011, als es der RVT bis ins Viertelfinale um die Deutsche Mannschaftsmeisterschaft schaffte. Dort scheiterte man deutlich am späteren Vizemeister KSV Köllerbach.
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Um den Fokus jedoch wieder mehr auf die eigenen Sportler zu richten, entschloss sich der Verein im Februar 2012 zu einem Rückzug aus der 1. Bundesliga. Nachdem in den Jahren zuvor bereits mehrere Medaillen bei Deutschen Einzelmeisterschaften erzielt worden, ging es im Nachwuchsbereich noch weiter aufwärts. Im Juli 2012 folgte mit der Teilnahme der Eigengewächse Peter Haase und Benjamin Opitz an den Kadetten-Europameisterschaften der vorläufige Höhepunkt dieser Entwicklung.